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Können wir bitte etwas mehr gesunden Menschenverstand walten lassen?

21.7.2025

Kommentar von: Marco Mezger, COO Neumonda und Global President bei MEMPHIS Electronic*


Ich arbeite seit über 30 Jahren in der Halbleiterbranche, weiß also, was Volatilität bedeutet. Dennoch habe ich noch nie eine Situation wie in den letzten Jahren erlebt. Und ich habe das Gefühl, dass es immer schlimmer wird!


Nach COVID waren wir überzeugt, dass alle eine wertvolle Lektion gelernt haben: Wie wichtig es ist, dauerhafte Beziehungen zwischen Kunden und Händlern aufzubauen. Um nicht noch einmal so hart getroffen zu werden, wenn die nächste Knappheit eintritt, aus welchem Grund auch immer.


Wenn ich mir jedoch die Marktentwicklung anschaue, habe ich das Gefühl, dass wir wieder einen großen Rückschritt machen. Schauen Sie sich nur an, was derzeit mit DDR4 passiert. Samsung, die zuvor etwa die Hälfte des DRAM-Marktes erobert hatte, hat angekündigt, die Produktion von DDR4 bis Ende 2025 einzustellen. Damit hat das Unternehmen eine Kettenreaktion ausgelöst – die wir schon oft erlebt haben. Dieses Mal ist sie jedoch aufgrund des kurzen Zeitfensters für Last-Minute-Käufe und der Handelsspannungen noch ausgeprägter.


Den unangenehmen Wahrheiten ins Auge sehen

Was folgt ist ebenfalls bekannt: Unternehmen hamstern, die Preise steigen und die Unsicherheit nimmt zu. Zu guter Letzt bricht Panik aus. Der plötzliche Anstieg der Nachfrage übersteigt die aktuelle Produktionskapazität, so dass Speicherhersteller ihren Kunden nur einen bestimmten Prozentsatz der gesamten Bestellung zuteilen, um so viele Kunden wie möglich beliefern zu können.


Und um fair zu sein: Für die meisten Unternehmen reicht dies aus, um die nächsten Monate zu überbrücken, bis sie eine neue Lieferung erhalten oder bis sie sich bei einem anderen Anbieter eindecken können. Denn die kleineren Hersteller, die diese Produkte noch länger anbieten, müssen sich zunächst auch erst ihre Wafer-Lieferungen sichern, um dann liefern zu können. Die Hochfahrphase der Produktion dauert einige Monate.


Viele Unternehmen geraten jedoch in Panik und geben – oft überhöhte – Bestellungen nicht nur bei einem, sondern bei mehreren Lieferanten auf, in der Hoffnung, dass der von jedem Lieferanten zugeteilte Prozentsatz ihren gesamten Bedarf deckt.


Wenn dies jedoch nicht nur für ein Unternehmen, sondern für Tausende von Unternehmen gängige Praxis ist, verzerrt dies die tatsächliche Nachfrage so stark, dass Speicherhersteller unmöglich darauf reagieren können.


Das Bitwachstum hat sein Ende erreicht


Genau das beobachten wir derzeit bei DDR4 und eMMC. Dies sind keine Einzelfälle, sondern es zeichnet sich eine neue Realität ab, mit der wir konfrontiert werden: Die Branche entfernt sich vom klassischen Bitwachstumszyklus. Was schon im vergangenen Jahr zu sehen war. Die Preise für Speicher zogen zwar um 20 Prozent an, das gelieferte Bitvolumen aber ging sogar zurück.


HBM (High-Bandwidth Memory) und 3D-Speicher sind in der Herstellung wesentlich komplexer und in der Skalierung wesentlich schwieriger, so dass die Speicherhersteller sorgfältig abwägen müssen, welche ihrer Produktlieferketten sie sichern wollen. Weil derzeit HBM und NAND mit hoher Kapazität das Geld bringen, ist die Antwort leicht zu finden.


Das bedeutet, dass die großen Hersteller ältere Technologien viel schneller als bisher aufgeben werden. Denken Sie nur daran: DDR3 wurde erst Ende 2024 eingestellt, und jetzt, nicht einmal ein Jahr später, lassen die großen Hersteller bereits DDR4 auslaufen. So schnell hat sich die Entwicklung noch nie vollzogen. Aber damit müssen wir in Zukunft leben.


Den Teufelskreis durchbrechen

ich jetzt aber wieder in den Teufelskreis aus Panikkäufen und Stornierungen überschüssiger Bestellungen zu stürzen, ist sicherlich nicht der richtige Weg. Könnten wir also bitte wieder etwas Vernunft in unsere Lieferkette bringen?


Nutzen Sie die echten Partnerschaften, die Sie innerhalb der Branche haben. Bereiten Sie einen Plan B und C, vielleicht sogar D vor, und hören Sie auf, mit Ihren Bestellungen zu spielen!


Ja, das könnte bedeuten, dass Sie Ihre Produkte früher als gedacht auf Speicher der neueren Generation umstellen müssen. Aber wenn Sie mit Ihren Partnern zusammenarbeiten, muss das kein schmerzhafter Weg sein. Wenn Sie aber Ihre Karten verdeckt halten, führt das für uns alle nur zu höheren Einsätzen.


Legen wir unsere Karten auf den Tisch und bringen wir wieder gesunden Menschenverstand in die Sicherung unserer Lieferketten!


*Dieser Artikel wurde zuerst auf elektroniknet.de veröffentlicht.


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