
Ein Kommentar von Marco Mezger, Global President von MEMPHIS Electronic.
Gerätehersteller konnten sich zwei Jahre über niedrige Speicherpreise freuen. Doch in diesem Jahr hat sich das Blatt komplett gewendet. Speicherhersteller haben sowohl bei NAND-Flashspeichern als auch bei DRAM die Reißleine gezogen und angekündigt sich künftig auf neue Speichergenerationen zu fokussieren.
Diese Entwicklung ist nicht neu, aber die Zyklen, in denen Speichergenerationen abgelöst werden, werden immer kürzer. Die großen Speicherhersteller haben erst Ende 2025 ihre DDR3-Produktion eingestellt. Zwölf Monate später kündigen sie das Ende für ihre DDR4-Komponenten an.
Zeit, sich zu fragen: Bestimmen künftig Speicherhersteller, wann Designs auf neue Prozessoren umgestellt werden? Wie konnte es soweit kommen?
Um diese Frage zu beantworten, muss man die aktuelle Marktdynamik verstehen. Das hilft, die Auswirkungen auf die eigene Produktion besser einzuschätzen.
Die DRAM-Industrie hat sich von einem Markt mit über 17 Herstellern in den 1990er Jahren zu einem Markt mit drei Hauptakteuren, Samsung, SK Hynix und Micron, konsolidiert. Das liegt an den hohen Investitionen, die für die Weiterentwicklung von DRAM-Technologien sowie den Bau von entsprechenden Fertigungsstätten benötigt werden. Die Kapitalaufwendungen sind vergleichbar mit großen Infrastrukturprojekten und amortisieren sich oft erst nach zehn oder mehr Jahren. Nur wenige Unternehmen haben die nötigen Ressourcen.
Die DRAM-Produktion stößt an ihre physikalischen Grenzen. Hat sich die Speicherdichte von DRAMs bis vor kurzem noch alle zwei Jahre verdoppelt, dauert es heute vier Jahre, um das zu erreichen. Gleichzeitig verlangen KI und andere datenintensive Anwendungen immer mehr Rechenleistung, was zu einer zunehmenden Diskrepanz zwischen Rechenkapazität und verfügbarer Speicherbandbreite pro Prozessor führt.
Diese Lücke versuchen Speicherhersteller mit High-Bandwidth Memory (HBM) zu füllen, denn hier sind ihre Margen am höchsten. Auch wenn HBM aktuell weniger als 10 % des Bit-Outputs der Branche ausmacht, generiert HBM doch ein Drittel des gesamten Umsatzes. Das erklärt zum einen, wie der DRAM-Markt in diesem Jahr um 25% wachsen kann, obwohl die tatsächliche Produktionskapazität sinkt, zum anderen den Fokus auf HBM als Premiumspeicher. Bis 2030 werden nahezu alle neuen Fabriken auf die Produktion von HBM ausgerichtet sein.
Das hat Auswirkungen auf konventionelle DRAM-Technologien. Bis 2027 wird die Waferproduktion für DDR4 und LPDDR4 um 90 Prozent sinken. Dann dominieren DDR5 und LPDDR5. Über 20230 hinaus werden DDR4 und LPDDR4 nur noch von der zweiten Reihe der Speicherhersteller, wie Nanya und Winbond, sowie spezialisierten Fabless-Herstellern wie Intelligent Memory angeboten.
Wenn es künftig keine passenden Speicher mehr für Prozessoren gibt, werden Chiphersteller ihre Produkt-Roadmaps ebenfalls anpassen. Bis 2030 wird die Produktion von DDR3 drastisch zurückgehen und nur noch wenige Produkte werden DDR3 nutzen.
Bei DDR4-basierten Designs sollten sich Hersteller nicht auf die Produkte von den großen Speicherherstellern verlassen. Es wird jedoch bis Ende 2026 dauern, bis Winbond und Nanya ihre Produktionskapazitäten entsprechend hochfahren können, um den Bedarf zu stillen. Intelligent Memory ist ein weiterer Anbieter, der sein gesamtes Portfolio auf die Industrie ausrichtet und auch verfügbar ist.
Es sieht so aus, als würde künftig nicht mehr allein der Prozessor das Produktdesign vorgeben, sondern die Verfügbarkeit der Speicherprodukte. Das erfordert eine Anpassung der Beschaffungsstrategie. Spezialdistributoren können hier helfen.